Gesellschaftlicher Wandel

Bildung der Zukunft = Wissen x Kreativität

Österreichs Schüler gehören ja bekanntlich nicht gerade zu den Klassenbesten. Aber auch den Erwachsenen wird ein alarmierendes Zeugnis seitens der OECD ausgestellt: fast eine Million Menschen in Österreich hat, so ergab jüngst die PISA-Studie für Erwachsene, eine schwache Lesekompetenz. Dass auch bei dieser Evaluierung der Schlüsselkompetenzen die skandinavischen Länder – wie in so vielen Rankings – am besten abschneiden, ist nicht weiter erstaunlich.

Für den Standort Österreich aber sind die gravierenden Bildungsdefizite von heute die Armutsfalle von morgen. In einer wissensbasierten Ökonomie ist Wissen – neben Kreativität – der entscheidende Wettbewerbsfaktor. In einer zunehmend komplexen Welt steigen die Qualifikationsanforderungen für alle Berufsgruppen – hantierte ein Automechaniker z.B. vor kurzem noch mit dem Schraubschlüssel, so wartet er heute als Mechatroniker High-Tech-Tools übers Notebook. Je schneller das (Fach-)Wissen veraltet, desto wichtiger ist es für Arbeitskräfte, ihre Kompetenzen immer wieder auf den neuesten Stand zu bringen. Vor diesem kompetitiven Hintergrund ist die PISA-Evaluierung mehr als ein Warnsignal. Wie die Alten, so die Jungen. Closed Shop.

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Das Bildungsniveau einer Nation entscheidet über ihre Zukunftsfähigkeit. Dieses Niveau ist nicht allein mit Geld anzuheben – Österreich gibt mit 9.558 Euro pro Kopf von der Volksschule bis zur Uni ohnehin mehr Geld aus als der Durchschnitt der OECD-Länder mit 7.100 Euro (Stand 2010) und erzielt dennoch schlechtere Ergebnisse. Gefordert sind vielmehr kreative Bildungskonzepte, die individuelle Stärken mit globalen Leistungsanforderungen verknüpfen. An solchen Modellen mangelt es hierzulande bekanntlich – allein die politischen Grabenkämpfe um die Gesamtschule blockieren – anderswo längst erprobte – Bildungswege. Mit Stellungskriegen des 19. Jahrhunderts ist kein moderner Staat zu machen.

Der Bildung – und der Weiterbildung – kommt ein entscheidender Stellenwert zu, für den individuellen Lebensweg wie auch für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Standorten.

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Die Schule ist eine Institution, die Lebenschancen verteilt„, erkannte der Soziologe Helmut Schelsky. Lebenschancen werden jedoch bereits viel früher verteilt – im Kindergarten. Bereits dort müssen Reformen ansetzen, um die Kinder auf die Qualifikations- und Bildungsanforderungen der Zukunft adäquat vorzubereiten. So muss u.a. die Arbeit der Kindergarten-Pädagoginnen (und hoffentlich auch immer mehr Pädagogen) aufgewertet und besser entgolten werden, schließlich legen diese den Grundstein für die Talente von morgen.

Naturgemäß hinkt die bürokratielastige Bildungspolitik der dynamischen Wirtschaft weit hinterher. Alle drei Bildungsbereiche, vom primären bis zum tertiären, müssen sich jedoch den kompetitiven, flexiblen Rahmenbedingungen anpassen und dabei weltoffene, selbstverantwortliche Persönlichkeiten hervorbringen. UnsereKinder werden in der Global Economy von morgen über ein breiteres Kompetenzspektrum als je zuvor verfügen, und sie werden Berufe ausüben, die heute nicht mal im Kopf existieren. Die Vermittlung kreativer Kultur- und Resilienztechniken ist daher dringend notwendig.

workshop_münsterAuch wenn die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) über Wachstum und Innovationskraft eines Landes entscheiden, sind weiche Faktoren ebenso bedeutsam – also interdisziplinäres Denken, Teamfähigkeit, Media Literacy u.a. Es gibt nichts Dümmeres, als die sogenannten „Orchideenfächer“ auf dem Altar der Ökonomie zu opfern. Kunst und Humanwissenschaften sind wichtige Leitplanken – gerade in einer High Tech-Welt braucht man umso mehr reflexive und kreative Fähigkeiten – die „Eroberung des Nutzlosen“ ist nicht nur beim Bergsteigen ein Leitmotiv. Google machte es in seinen (glorreichen) Anfängen vor: jeder Mitarbeiter konnte einen Tag pro Woche Tätigkeiten nachgehen, die nichts mit seiner eigentlichen Arbeit zu tun hatten – so hebt man – über das scheinbare Nutzlose – Innovationspotenzial und stärkt die Loyalität der Mitarbeiter.

Wirtschaft und Bildungseinrichtungen werden sich in Zukunft weit stärker als bisher verschränken, bereits heute investieren auch bei uns Konzerne in Universitäten und Bildungsinstitutionen, um die dringend benötigten Fachkräfte zu bekommen. Die Tendenz ist klar: der Übergang vom Bildungssystem zum Arbeitsmarkt wird flüssiger, Bildung praxisorientierter und messbarer (Lehrer werden dann endlich ebenso evaluiert wie Schüler), kreative und soziale Fähigkeiten werden in die Wissensvermittlung integriert.

Erfolgreich ist eine Gesellschaft, wenn sie Exzellenz ebenso fördert wie die Schwächsten („bildungsferne Milieus“) und diesen durch Weiterqualifizierung mehr Chancen im Arbeitsleben bietet. Lebenslanges Lernen ist Teil der persönlichen Fitness. Ein Spiel, ein Spaß. Keine Drohung. Auch wenn bald das nächste PISA-Zeugnis für Erwachsene kommt.

Dieser Beitrag erschien – in abgewandelter Form – zuerst als Trend-Kommentar von Andreas Reiter im Heft 11/13 „Österreichs Energie“, dem Magazin der österreichischen E-Wirtschaft.

2030Weitere Details über die Bildung der Zukunft gibt’s in unserer Studie „Österreich 2030. In diesem Land möchte ich leben“, im Auftrag der Industriellenvereinigung, hier das Abstract:

Klicke, um auf IV_FUTURE_PAPER_.pdf zuzugreifen

 

Links zum Thema: Andreas Reiter im Interview im ORF ö1 Mittagsjournal vom 21.11.2014 http://oe1.orf.at/artikel/392522

sowie im Interview mit der Wiener Zeitung http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/711088_Oesterreich-wird-zum-Land-der-neun-Millionen.html

 

1 Kommentar zu “Bildung der Zukunft = Wissen x Kreativität

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