Das frühe 21. Jahrhundert steht für den Beginn der totalen Interkonnektivität, alles ist mit allem und jedem vernetzt: die Menschen, ihre Umgebung und die digitalen Devices untereinander. In dieser smarten Welt sind Minichips und Sensoren immer stärker in unserem Leben integriert – sie vernetzen Konsumgüter und Geräte, Autos und Straßen (Smart City).
Diese Vernetzung zeigt sich natürlich beim Home-Entertainment. Das intelligente Haus hat seinen IQ zwar noch nicht so richtig ausgeschöpft, aber die Entwicklung ist unaufhaltsam. Der Haushalt wird zu einem sich selbst organisierenden Netzwerk, zu einer Bühne für multimediales Mood Management.
Die Inneneinrichtung der Zukunft passt sich unseren Bedürfnissen an (und nicht umgekehrt), so wie auch das verformbare Mobiliar (Stühle, Sofas etc.) sich künftig dem Körper anpasst und der Fernseher sich biegsam dem Auge entgegenschmiegt (in Ansätzen heute schon etwa bei den Curved TV-Screens zu sehen). Multimedia-Anwendungen von morgen folgen dem User und nicht umgekehrt. Steht der TV-Konsument beispielsweise vom Sofa auf, wandert das Fernsehbild automatisch entlang der Wände mit, folgt seinen Bewegungen.
Die nächste Generation von Multimedia-Diensten funktioniert kontextbezogen und situativ, richtet sich also nach der jeweiligen Befindlichkeit und Situation des Users. Form follows Emotion. Alles ist in bewegtem Stillstand.
Das gilt auch für das Fernsehen, traditionell das soziale Lagerfeuer, um das herum sich der Clan versammelte. Durch das Internet und den fragmentierten Medien-Konsum verlor es diese Funktion jedoch zunehmend an mobile Devices. Das Netz verdrängt den TV-Schirm. 2013 wurden in Österreich rund 15 Prozent weniger TV-Geräte verkauft.
Der digitale Nomade konsumiert Medien flüchtig, von unterwegs, mobil, auf Smartphones, Tablets usf. Die Generation Y agiert in Kurz-Streams und kennt keine langen Erzählungen mehr, nicht zufällig werden auch die Videos immer kürzer (mit der App Vine, der am schnellsten wachsenden App in 2013, werden 6-Sekunden-Filmchen aufgenommen). 88 Prozent der unter 24-Jährigen nutzen das Internet übers Handy. Je mehr der Mensch seine Mitte verloren und „keine Zentralperspektive“ (Peter Sloterdijk) mehr hat, desto stärker wird die Sehnsucht nach Socialising.
Beim Public Viewing konnte man es in den letzten Jahren gut beobachten – Menschen brauchen ein mediales Lagerfeuer, um das herum sie sich versammeln. In Berliner Szene-Lokalen treffen sich junge Leute zum gemeinsamen Tatort-Abend. Bieder, aber nachvollziehbar. Fernsehen wird wieder eine soziale Angelegenheit – wenn auch nicht mehr physisch klar verortbar. Die urbanen Nomaden versammeln sich wieder um das digitale Feuer, um ein Multimedia-Center herum (das TV, Web, Video-Clips, soziale Netze, Gaming, Web-Konferenzen, Live- und on demand-Inhalte auf einem Gerät konsumierbar macht). Das neue Multimedia-Feuer ist so einfach zu bedienen wie eine App und bewegt sich auf der Achse des Guten: Konvergenz – Mobilität – Interaktivität.
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- Konvergenz: Sowohl vom ästhetischen wie auch vom funktionalen Aspekt her setzen sich All-in-one-Lösungen im Wohnzimmer durch. Konvergenz ist dabei das Leitmotiv. Die Verschmelzung von TV und Web ist unaufhaltsam. Die Grenzen zwischen Live- und on demand-Inhalten sind fließend, die medialen Inhalte werden je nach Stimmung (über Algorithmen getrieben) serviert. Der Nutzer macht sein eigenes Programm. Der Fern-Seher wird zum Nah-Seher (Narrow Casting statt Broad Casting), die TV-Programme sind personalisiert und sozial vernetzt, werden über Apps, Chromecast u.a. gesteuert.
- Social TV: Social TV verknüpft die digitalen Netze mit den physischen, spielt Tweets und Likes in Sendungen ein, soziale Funktionen sind in TV-Programme integriert.
Das Heimkino kann und soll überall stattfinden, drinnen wie draußen. Public Private Viewing sozusagen. Im Großformat.
Andreas Reiter hielt vor kurzem einen Impuls-Vortrag über Multimedia-Konsum bei der Medien-Präsentation des Philips Screeneo*. r Philips Screeneo bietet ein mobiles Heimkino und wirft mit einem Abstand von z.B. nur 10 cm ein Bild mit 50 Zoll Diagonale (1,27 m) auf die Wand. Der Beamer streamt kabellos Inhalte von Handys, Tablets und PC.
Ein Interview mit Andreas Reiter zum Thema „Smart Home“ erschien im Magazin von Saturn bzw. Mediamarkt (06/14):
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