Alles fließt, alles verschmilzt, auch die Grenzen in der Arbeitswelt lösen sich zunehmend auf – zwischen Bricks & Clicks, Arbeit & Freizeit, Angestellter & Projektarbeiter. Eine hohe Mobilität beschleunigt die Karrierepfade, vor allem bei den Millennials: nur 20 Prozent der 20-24-Jährigen in Österreich bleiben mehr als 2 Jahre im selben Job (Statistik Austria).
Auch wenn wir in Zukunft Teamwork neu definieren müssen, nämlich als Kooperation von Menschen und Künstlicher Intelligenz, Robotik & Co., auch wenn (laut OECD) rund zwölf Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland durch Automatisierung gefährdet sind – (qualifizierte) Arbeitskräfte werden auch morgen (in einer alternden Gesellschaft) gesucht wie nie zuvor. Rund 40% der heimischen Unternehmen haben heute bereits Probleme, offene Stellen zu besetzen, in Dienstleistungsjobs wie im Tourismus verstärkt sich diese Problematik bekanntlich dramatisch.
„Die Welt bewegt sich vom Kapitalismus zum Talentismus“, erkannte Klaus Schwab, der Gründer des Weltwirtschaftsforums in Davos, schon vor Jahren. Doch wie zieht man junge Talente an, wie hält man sie, wie hebt man ihr Potenzial?
Indem man sich mit den Werten und Bedürfnissen der Digital Natives befasst, die 2020 weltweit ein Drittel der Berufstätigen stellen werden. Über keine Generation sind mehr Mythen (und widersprüchliche Studien) im Umlauf: die Millennials seien vor allem an ihrer Selbstverwirklichung interessiert, mehr Freizeit wäre ihnen wichtiger als mehr Gehalt, Arbeit müsse vor allem mit „Bedeutung“ und Sinn aufgeladen sein usf. Das alles stimmt – trifft aber, abgeschwächt, auch auf die Vorläufer-Generation zu. „The Pursuit of Happiness“, die Suche nach dem Glück, nach „bedeutungsvoller“ Arbeit steht jedoch für die Millennials in der Tat ganz oben in ihrem Motiveset – persönliche Weiterentwicklung ist für drei Viertel wichtig.
Selbstverwirklichung ist ein marktwirtschaftlicher Code, sie ist die Schwester der Individualisierung. Sie hat viel mit Entfaltung zu tun, mit einer Weiterentwicklung eigener Fähigkeiten, mit persönlichem Wachstum… aber eben auch – wir sind mittendrin im Leben der Digital Natives (das einer kuratierten Instagram-Story gleicht) – mit sozialer Resonanz. Zwei Drittel der Millennials wünschen sich öfter Feedback von ihren Vorgesetzten, am liebsten monatlich (SAP, Workforce 2020).
Die Millennials erwarten sich – neben leistungsgerechter Entlohnung – vor allem weiche Faktoren in Unternehmenskulturen, wie individualisierte Arbeitsmodelle (flexible Arbeitszeiten, flexible Arbeitsorte), flache Hierarchien (kollaborative Führung), Weiterbildung usf.
Insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben wird zum Wettbewerbsfaktor. Nicht die (esoterisch anmutende) Work-Life-Balance, sondern ein intelligentes Work-Life-Blending – eine individuelle Verknüpfung von Arbeit und Freizeit – ist das Mantra glücklicher Arbeit. Wer je in einer norwegischen oder dänischen Familie zu Abend gegessen hat, weiß wovon ich rede.
In Skandinavien ist es üblich, dass Angestellte unter der Woche um fünf Uhr abends zuhause sind und gemeinsame Stunden mit ihrer Familie genießen, bevor sie dann später (um 20, 21 Uhr, wenn die Kinder im Bett sind) von zuhause aus Mails beantworten und weiterarbeiten. Social Time geht vor – und erhöht nachweislich die Produktivität – die durchschnittliche Wochenarbeitszeit beträgt 33,5 Stunden in Dänemark und 33,7 Stunden in Norwegen, dem Land mit dem weltweit dritthöchsten BIP pro Kopf (70.392 USD). Die Skandinavisierung wird künftig nicht nur unseren Alltag „hyggeliger“ machen, sondern vor allem die profane Erkenntnis durchsetzen: kürzere (aber konzentrierte) Arbeitszeiten erhöhen soziales Glück ebenso wie den Output für Unternehmen.
Wenn Arbeit zunehmend ort- und zeitlos wird, dann verändert sich auch der Arbeits-Platz. Die Arbeit zieht ebenso ein in unsere Freizeit wie umgekehrt. Arbeit wird decodiert – und in einer kreativen Wissensgesellschaft – mit spielerischen Elementen aufgeladen. Die Büros vieler IT-Firmen und Start-ups gleichen ohnedies Freizeit-Resorts: hier eine Rutsche, dort eine Smoothie-Bar, die Besprechung findet in einer ausrangierten Seilbahn-Gondel statt. Hybride Formate entstehen, die Coworking Spaces machen es uns seit Jahren vor. Aus Co-Working wird Co-Living.
Ein wunderbares Beispiel für inspirierende Arbeitsplätze der Zukunft entsteht gerade in London, inmitten der City: das Twentytwo. Dieses cool designte Bürogebäude vereint die hybriden Lebenswelten unter einem Dach, verdichtet also die Employer Journey der Millennials: Büros, Innovation Hub, Food Market, Fitness-Studio, Galerie und Restaurant etc. Die gläserne Kletterwand, Londons erstes „Climbing Window“, dient dabei gewissermaßen als Signature Space und Marken-Symbol.
Im Twentytwo werden sich Start-ups und traditionelle Unternehmen begegnen und einander befruchten, High Tech, Kreativität und Lifestyle verschmelzen in einem flüssigen Raum-Konzept. So hebt man das Gold in der Köpfen der Talente.
Mehr denn je geht es im Talente-Marketing um die stimmige Erzählung, die man den Jungen anbietet. Und um die richtigen Kanäle, um mit ihnen zu kommunizieren. Ein Unternehmen, das das beispielhaft macht, ist die smarte Economy-Design-Hotelgruppe prizeotel in Deutschland. Deren Gründer und CEO Marco Nussbaum, seit Jahren ein pfiffiger Vordenker im digitalen Tourismus, hat denn auch das Social Media-Recruiting auf die Generation Y und Z abgestimmt: Zeichen statt Worte, Smiley und Burger-Emoji statt Zeituhr. Die wohl erste Stellenausschreibung für die Digital Natives, die auf Emojis setzt. Daß in den Hotels der Gruppe flache Hierarchien und Eigenverantwortung vorherrschen, passt ins Bild dieses unkonventionellen Unternehmens. So empathisch gewinnt man Talente für morgen.
Dieser Beitrag beruht auf Vorträgen von Andreas Reiter zum Thema Talente-Marketing für Millennials.
Download Vortrag WB-Symposium unter: https://goo.gl/ogLave
Best Practise:
Workplace der Zukunft: http://www.twentytwolondon.com/ (eröffnet 2019)
Social Recruiting: www.prizeotel.com
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