Place Making Urban Future

Place Making 3.0

Das Betriebssystem im Stadtmarketing wird neu aufgesetzt. In den letzten Jahren perfektionierten Städte ihr Attraktions-Management, sie überboten einander in Event-Aktionismus (der in oft sinnlosen, weil nicht markenzentrierten Events viel Geld verbrannte) sowie in – häufig austauschbarer – Symbol-Architektur.

Ikonografisches Marketing ist nur dann ein nachhaltig erfolgreiches Tool in der Standort-Werbung, wenn es den lokalen Spirit, die lokale Identität in berührende und stimmige Geschichten verpackt. Wenn die Magie des Ortes behutsam übersetzt und nicht von Ego-Gesten der „Star“-Architekten erdrückt wird. Der „Glory“-Effekt (wie der Raum-Dramaturg Christian Mikunda das räumliche „Hochgefühl“ nennt) ist inzwischen jedoch zum Basis-, nicht aber zum Differenzierungsfaktor mitteleuropäischer Städte geworden. Damit erzielt man nur kurzfristig Frequenz.

Das städtische Place Making vollzieht aber erfreulicherweise einen Paradigmen-Wechsel. Die Stadt als narrative Bühne, als atmosphärischer Raum für Erfahrungen wird neu definiert. Denn die Spirale der Superlative – höher, schneller, schriller – dreht sich, nicht erst seit der Finanzkrise, ins Leere. Die Nachhaltigkeit der Maßnahmen (in Produkt-Entwicklung wie in der Kommunikation) rückt zum Glück wieder in den Vordergrund. norrebroDas Stadtmarketing 3.0 richtet sich künftig entlang zweier strategischer Achsen aus: Exzellenz und Resilienz.

  • Exzellenz

Im verschärften Standort-Wettbewerb müssen Städte ein markantes Profil entwickeln und ihre Themenführerschaft in den definierten Profilfeldern stets aufs Neue unterstreichen. So ist z.B. mehr als folgerichtig, wenn in Stuttgart, der Hauptstadt des Automobils, ab jetzt 300 Elektroautos von car2go (gehört ja zu Daimler) eingesetzt werden, gespeist aus 500 Ladestationen von ENBW. Eine Technologie-Führerschaft in Richtung Smart City, die m.M.n. auch das Standort-Marketing akzentuieren sollte.

Generell muss die städtische Infrastruktur marken-zentriert weiterentwickelt, das urbane Interface (die Kontaktpunkte mit Bürgern, Touristen und Unternehmen) über Service-Design laufend optimiert werden. Die Stadt als Sozial-Unternehmen verwöhnt ihre Kunden mit intelligenten Convenience-Dienstleistungen und erhöht dabei die Lebensqualität der Bürger. Die städtische Dienstleistungskette muss in etwa so funktionieren wie beim Kochhaus in Berlin (www.kochhaus.de), das als begehbares Rezeptbuch konzipiert ist: wer nicht weiß, was er heute kochen soll, erhält im Kochhaus nicht nur die Idee, sondern auch gleich alle Zutaten für sein Gericht – eine intelligente Problemlösung aus den Augen des Kunden heraus. Attraktive Städte bieten ihren Bürgern

  • ein differenziertes Angebots-Portfolio (vom Handel über die Gastronomie bis zur Kultur)
  • eine hohe (ökologische und sozialräumliche) Aufenthalts-Qualität o eine funktionierende Infrastruktur o atmosphärische Raumqualitäten und Ambiente-Leistungen, die inspirieren, die zum Einkaufen sowie zur Interaktion und Begegnung einladen.
  • Resilienz

Die Resilienz (= Widerstandsfähigkeit) eines städtischen Lebens- und Wirtschaftsraums hängt nicht nur von dessen strategischer Elastizität ab, sondern vor allem von seinen vielfältigen Talenten, den Querdenkern, bunten Mikrokosmen und Ethnien. Talente werden primär über den Standort-Faktor „Lebensqualität“ angezogen, über den „Feel Good“-Faktor einer Stadt. Diversität – Vielfalt statt Einfalt – ist die DNA von vitalen Städten. Berlin beispielsweise – weißer Fleck auf der Industrielandkarte – galt jahrelang als Headquarter von Hinterhof-Bobos und Hartz IV-Empfängern („Arm aber sexy“). Dass sich hier neuerdings die spannendste digitale Start-up-Szene des Kontinents entwickelt, ist die Rache der Geschichte: zwischen Unkraut blüht die Kreativität.

Vortrag von Andreas Reiter über „Urbane Lebensqualität als Erfolgsfaktor im Stadtmarketing der Zukunft“ beim Stadtmarketingtag Baden-Württemberg in Stuttgart: http://www.ztb-zukunft.com/pdf/urban_future_stuttgart_neu.pdf ihk_bw0002

Eine Zusammenfassung des Vortrags erschien als Sonderdruck der IHK Baden-Württemberg: http://www.ztb-zukunft.com/pdf/Stuttgart.pdf

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