Place Making Smart World Urban Future

Von der Smart City zur Responsive City – was Städte zukunftsfähig macht

Die Pandemie treibt den Umbau hin zu intelligenten Lebensräumen rasant voran. Smart City, Smart Country, Smart Everything. Der Begriff „smart“ mag dem komplexen, vielfältigen Organismus einer Stadt nicht ganz gerecht werden – nichts jedoch verändert das städtische Gewebe so sehr wie die digitale Transformation. Die zunehmende Virtualisierung von Leben und Arbeiten (Hybrid Living), die sich ausdehnenden Plattform-Ökonomien, berührungslose Services u.a. stecken die Leitplanken für die künftige Entwicklung ab. Damit die Stadt auch morgen lebenswert bleibt, die Bio-Diversität geschützt und städtische Kreislauf-Wirtschaft gestärkt werden, müssen Digitalisierung & Dekarbonisierung – also smart & green – klug verschränkt werden. Und dafür steht die Smart City.

Die Technologie (Internet der Dinge, 5G-Netze etc.) ist dabei die Voraussetzung, darf aber nicht Selbstzweck sein. Smart Cities haben nur dann eine Daseinsberechtigung, wenn sie mit ihrer digitalen Strategie 3 Ziele fokussieren:

  • die Lebensqualität der Anspruchsgruppen (Bürger, Betriebe, Besucher) zu verbessern
  • die Innovationskraft und die Wertschöpfung des Standorts zu stärken
  • die Resilienz der Stadt systemisch zu erhöhen.

Denkt man an Smart Cities, fallen einem meist Städte wie Singapur, Seoul oder Tel Aviv ein. Alles wunderbare Reallabors, in denen jeden Tag die Zukunft aufs Neue entsteht, in Hinterhöfen und Start-up-Küchen, in High-Tech-Schmieden und intelligenten Rathäusern. Die smarte Kommune gibt es jedoch auch bei uns, in der sogenannten Provinz, nicht selten wird da das Hinterland zum digitalen Vorderland, ob in Bielefeld (Open Innovation City) oder in Villach. Digitale Bürger-Services, smarte Straßenlaternen, Sensoren, die die Luftqualität messen, die Bewässerung der Grünflächen steuern, intermodale Mobilität on demand, intelligente Parkraumbewirtschaftung, 24/7-Zugang zur städtischen Bücherei usf. – ja, die funktionierende Stadt löst die (oft kleinteiligen) Probleme ihrer Nutzer mit smarten Tools und immer aus deren Blickwinkel.

Nicht smarte Städte sollten primär das Ziel einer digitalen Agenda sein, sondern smarte, selbstorganisierte Bürger in einem lebenswerten Umfeld. Aber was heißt eigentlich „smart“? Smarte Nutzer bedeutet nicht – so die Sorge vieler Menschen – dass wir alle als mobile Sensoren oder zweibeinige Datenpakete herumlaufen, deren kleinste Regung mit künstlicher Intelligenz erst analysiert und dann monetarisiert wird. Blickt man etwa nach Singapur – der weltweit führenden Smart City – kann man etliche dieser Bedenken verstehen. Ein riesiges Netz an Sensoren, Kameras und GPS-Systemen liegt über der Metropole, ein Big Brain, das beinahe alle Formen des städtischen Lebens trackt und analysiert (vom CO2-Ausstoß über Mobilitätsmuster bis zu den Schlafgewohnheiten) – mit dem hehren Ziel, die Lebensqualität der Bewohner laufend zu verbessern. KI-gestützte vorausschauende Dienste optimieren die „Customer Journey“ der Nutzer, bevor diese sie noch in Anspruch nehmen. Gut, aber eben auch alles unter Kontrolle.

Europa kann und sollte, mit seinem spezifischen kulturellen Hintergrund und basierend auf den Werten der Europäischen Stadt, andere Entwicklungslinien einschlagen. Lebenswerte Städte balancieren Mensch und Technologie, Natur und Urbanität aus, sie stärken das Hyperlokale und die städtischen Communities. Die Daten-Infrastruktur wird gesehen als das, was sie ist: produziert von allen, und dadurch auch ein Gemeingut. Man kann städtische Lebensqualität – bedingt – skalieren, nicht aber gemeinsame Identität und soziale Energie. Europäische Vorreiter-Städte wie Barcelona, Amsterdam oder Wien machen es seit Jahren mit ihrer Smart Governance erfolgreich vor: der Mensch mit seinen (vor allem sozialen) Bedürfnissen und kleinteiligen, intakten Mikrowelten rückt in den Mittelpunkt der Vernetzung.

Die Smart City wird gerade erwachsen, kommt in einen neuen Lebenszyklus: den der Responsive City. Städte sind atmende System-Partnerschaften. Mehr denn je geht es in Zukunft darum, Silos aufzubrechen, die unterschiedlichsten Stakeholder einzubinden und in Wirtschaft wie Stadtgesellschaft kreative Interaktionen und Empathie („Urban Loyality“) nachhaltig zu stärken. Das passt nahtlos in den gesellschaftlichen Werte-Wandel, den wir in seinen Anfängen gerade erleben: hin zu einer Caring Economy, in der die Menschen aktiv Verantwortung für ihr Lebensumfeld übernehmen und regenerativ handeln. Die Responsive City fokussiert eine partizipative Stadt-Entwicklung, die weit über die traditionellen „Beteiligungs“-Modelle bei neuen Bauprojekten etc. hinaus geht, die sich im Kleinen (in den städtischen Quartieren) wie im Großen (Stadtpolitik) manifestiert.

Barcelona etwa bindet seine Bewohner vorbildlich auf einer digitalen Beteiligungsplattform ein, dort wird nicht nur das Regierungsprogramm rege debattiert und – von allen Stakeholdern gemeinsam – weiter entwickelt, sondern auch (große wie kleine) stadtpolitische Aktivitäten, etwa in den Superblocks, den lebenswerten Quartieren der Stadt. Göteborg bindet seine Bewohner über das Modell der „Digitalen Zwillinge“ effizient in städtische Planungsprozesse mit ein – die Demokratisierung der städtischen Daten ist hier gelebte Praxis.

So etwas erfordert natürlich einen Gemeinsinn sowie die Wertschätzung aller städtischen Akteure (Bewohner wie Betriebe) als Co-Produzenten von Daten, die auch das Recht auf Zugriff und Weiterentwicklung der Daten (Open Data) haben. Wir sind die Stadt. Und wir alle haben Interesse daran, diese durch Daten-Kooperation noch lebenswerter zu machen, ob in städtischen Mobilitäts-Laboren im Quartier (Seestadt, Wien) oder über neue kooperative Modelle der Nahversorgung mit Kleinlast–Fahrrädern (Amsterdam, Altstadt). Letztlich stärken geteilte Daten eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung, wie sie ja u.a. auch die „Neue Leipzig Charta“ vorsieht.

Die digitale Moderne erzeugt ein kollaboratives Werteset, in dem die einzelnen Akteure ihre Rolle immer wieder neu definieren müssen. So schließen sich z.B. im Wiener Stadtteil Viertel Zwei Nachbarn zu Energie-Erzeugungs- und Verbrauchsgemeinschaften zusammen und tauschen über Blockchain überschüssigen Solar-Strom aus – der städtische Energieversorger agiert dabei als Moderator und Ermöglicher.

Städte sind selbstorganisierte Ökosysteme, sie können nur gemeinsam von den städtischen Anspruchsgruppen – den 4 B’s: Bürger, Betriebe, Behörden, Besucher – in eine robuste Zukunft entwickelt werden. Diese kollaborative Energie treibt die Responsive City voran.


Wir vom ZTB Zukunftsbüro stärken mit unserer Expertise seit vielen Jahren die Zukunftsfähigkeit von Städten und beraten diese auch bei der Entwicklung ihrer digitalen Strategie…

Vortrag von Andreas Reiter über die „Smart City“ bei einer Online-Konferenz Magenta Telekom und Österreichischer Städtebund (April 2021), die Präsentation gibt’s zum Download unter https://bit.ly/3tzFFU1

Interview Andreas Reiter im Blog von Stadtmarketing Austria https://bit.ly/3trum08

Wie wohnen und arbeiten wir morgen? Wie wirkt sich das multilokale Arbeiten auf Stadt und Land aus? Andreas Reiter im Podcast https://bit.ly/3u4biGr

Ein sehr informatives „Trendbuch Innovation“ mit umfassenden praktischen Smart City-Beispielen gibt’s aus der „Open Innovation City“ Bielefeld https://openinnovationcity.de/

2 Kommentare zu “Von der Smart City zur Responsive City – was Städte zukunftsfähig macht

  1. Nice blog thanks foor posting

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