Mit ihrem Dichtevorteil (an Talenten, an Job- und Bildungsangeboten, an Lifestyle- und Kultur-Attraktionen) sind Städte seit jeher ein Versprechen auf eine bessere Zukunft („Stadtluft macht frei“). Aber genau diese systemische Dichte führt gleichzeitig zu massiven Ressourcen-Problemen (emissionsreicher Individualverkehr, Staus, Nutzungskonflikte des öffentlichen Raums, leistbares Wohnen etc.), die dringend neuer Lösungen bedürfen.
Städte, in denen ja weltweit die Mehrheit der Menschen lebt, sind genau deswegen die Umschlagplätze der Zukunft, sind Real-Labore, in denen heute innovative Lösungen für die Probleme von morgen entwickelt werden (müssen).
Das Betriebssystem Stadt wird neu aufgesetzt. Die Stadt von morgen ist smart und regenerativ, sie verschränkt Digitalisierung und Dekarbonisierung, sie bringt Wohnen und Arbeiten, Business und Freizeit, Stadtraum und Naturraum wieder zusammen, sie verschmilzt stärker als bisher mit ihrem Umland zu atmenden, hybriden Lebensräumen (daher auch mein wiederholter Appell an die Politik, endlich in Stadt-Regionen zu denken und nicht in Ortsschildern).

Insbesondere die Nähe zu Grün- und Wasserflächen wird immer mehr zu einem zusätzlichen Indikator für städtische Lebensqualität. In Singapur z.B., DER Garden City weltweit, soll bis 2030 kein Bewohner mehr als vierhundert Meter von einem Park entfernt wohnen. Da die Stadt bis 2030 energieneutral sein will, müssen 100% des CO2-Footprints an der Gebäudehülle in Form von vertikalen Gärten, Sky Gardens etc. an die Umgebung zurückgegeben werden.
Städte sind für ca. drei Viertel des weltweiten CO2-Austoßes verantwortlich – daher entscheidet sich in ihnen der Kampf gegen die Erderwärmung (und für künftige Lebensqualität). Die notwendige Transformation kann nur gelingen mit forciertem Einsatz smarter Technologien, mit emissionsfreier intermodaler Mobilität (Verschränkung von ÖPNV und Mikro-Mobilität wie Bikes, Lastenräder u.a.), mit dem Ausbau von grüner und blauer Infrastruktur, mit urbaner Kreislaufwirtschaft und smarter Produktion (FabLabs u.a). Die Stadt von morgen gehört den Fußgängern und Radfahrern – sie ist walkable und bikeable und trägt damit auch zur Gesundheit ihrer Bewohner:innen bei.

Die Stadt von morgen ist weitgehend zirkulär – ein freilich längerer Weg bis dahin. Amsterdam als First Mover will bis 2050 eine Circular City werden – und baut nun schrittweise eine lokale Kreislaufwirtschaft auf. Die Stadtverwaltung beginnt dabei sinnvollerweise zuerst bei sich selbst: mit der zirkulären Beschaffung für ihre Behörden.
Stadt und Natur verschmelzen, auch architektonisch mit zunehmend biophilen Gebäuden: vertikale Gärten wachsen über die Hausfassaden, auf Dachgärten wird Gemüse angebaut (Mikro-Landwirtschaft), grasen Schafe. Zentral gelegene neue Gebäude (etwa innerstädtische Malls) erhöhen ihre Attraktivität durch öffentlich zugängliche Dachgärten. Nachverdichtung und regenerative Umnutzung (z.B. Indoor-Farmen in ehemaligen Parkhäusern), zirkuläre Gebäude, die sich als Materiallager verstehen sowie Entsiegelung sind weitere Eckpfeiler einer zukunftsfitten Stadtplanung.

Die Energie-Versorgung erfolgt immer öfter dezentral mit Photovoltaik-/Solar- und Kleinwindanlagen – die Bewohner eines Quartiers schließen sich zu Energiegemeinschaften zusammen, werden zu Produzenten, die überschüssige Energie an die Nachbarschaft vertreiben, wie etwa im Viertel Zwei in Wien. In der intelligenten Stadt von morgen ist alles ist mit allem vernetzt (über Sensoren/Internet der Dinge), die kommunalen Services (z.B. Parkraum-Management) und Verkehrsleitsysteme sind KI-gesteuert und vorausschauend – die KI optimiert die „Citizen Journey“, bevor die Nutzer sie noch in Anspruch nehmen. Es geht nicht darum, die Stadt ins Metaverse zu versetzen (wie es gerade Seoul macht), sondern das Beste aus beiden Welten zu verbinden.
Die Stadt der Zukunft ist hyperlokal – das Dorf kommt wieder in die Großstadt zurück (Leitbild ist die „15 Minuten-Stadt“, die alle wichtigen Infrastrukturen in wenigen Minuten erreichbar macht). Manche Kritiker sehen darin ein ökologisches Bullerbü, dabei geht es in diesen urbanen Dörfern um kuratierte Interaktion, um ökologische wie soziale Achtsamkeit. Und ganz einfach um die umgesetzte Erkenntnis, dass vertiefende Begegnungen und Empathie nur in überschaubaren kleinen Einheiten gelingen (der Anthropologe Robin Dunbar spricht von 150 Menschen als „kognitive Grenze“ dessen, was unser Gehirn verarbeiten kann).

Da Menschen künftig vorwiegend multilokal arbeiten (mal im Home Office, dann wieder im Büro oder im Shared-Office) und da große Teile des Lebens, Wirtschaftens und Arbeitens in virtuelle Welten diffundieren, haben reale Dritte Orte eine immense Bedeutung für das soziale Leben in der Stadt. Angesichts der hohen Wohnkosten in den großen Metropolen sind Slim-Fit-Wohnungen und Mikro-Appartements (Tiny Living) mit Service-Paketen künftig weit verbreitet.
Umso wichtiger werden somit starke soziale Orte – multifunktionale Hubs, die Lifestyle (Gastronomie, Kultur, Shopping etc.), Dienstleistungen und soziale Infrastrukturen (etwa Kinderspielplätze, Green Gym, Seniorencafés etc.) geschickt bündeln. Proximity as a Service. Niederschwellig und inklusiv. Ästhetisch anspruchsvoll. Atmende Gefäße, die Menschen zusammenwürfeln. Das soziale Leben spielt sich morgen mehr denn je in diesen Zwischenräumen und quirligen Mikrowelten ab – und immer seltener in der Innenstadt.
Lieber Andreas Reiter,
ich bin absoluter Fan des Newsletters.
Die Trends bezüglich Stadtentwicklung sind sehr gut zusammengefasst.
Prof. Antje Stokmann wird sich dazu evtl. bei Ihnen melden https://www.linkedin.com/in/antje-stokman-42965324/
Bitte berücksichtigt doch bei der Beschreibung der Stadt der Zukunft das touristische Angebot in der Stadt für die Städter.
Auch hier flieÃen Welten zusammen, verdichten sich.
Uns geht es darum, darauf aufmerksam zu machen, dass es nicht nötig ist, weit wegzufahren, um Mikroabenteuer zu erleben.
Wir setzen als grüner Erlebnisnachtanbieter auf das Thema Staycation Adventures, den kleinen Ausstieg aus dem Alltag zwischendurch vor der eigenen Haustür.
Z.B eine Nacht auf dem Bunker mit Blick über die Skyline
https://sleeperoo.de/outdoor/spektakulaerer-skyline-blick-in-hamburg/#regdl=spektakularer-skyline-blick-in-hamburg
oder für andere die Nacht im Shoppingcenter
https://sleeperoo.de/indoor/erlebnisuebernachtung-europa-passage-hamburg/#regdl=eine-nacht-im-shopping-tempel-europa-passage-hamburg
oder im Museum
https://sleeperoo.de/indoor/erlebnisuebernachtung-niedersachsen-museum-lueneburg/#regdl=inmitten-spektakularer-fundstucke-im-museum-luneburg
Vorteil; kurze Anreise, CO2 arm, Erholungswert garantiert.
Den Effekt auf das Wellbeing haben wir im Rahmen einer Bachelorarbeit mit einer Studentin von Prof. Gerd Resse untersucht.
https://de.in-mind.org/users/prof-dr-gerhard-reese
Ich würde mich freuen, wenn wir das Thema gemeinsam vertiefen könnten.
Karen Löhnert
Founder & Managing Partner
Office +49 40 8000 43771
Mobil +49 173 6137162
Liebe Karen Löhnert,
Vielen Dank für die Infos zu touristischen Angeboten (Sleeperos – halte ich für ein Top-Produkt)… Nur war Tourismus in diesem Beitrag bewusst kein Thema (ich gehe ja sonst oft auf Tourismus ein)…. Lassen Sie uns gerne im Austausch bleiben – Beste Grüße, Andreas Reiter