Städte liegen in einem massiven Standort-Wettbewerb um Talente, Besucher und Investoren. Natürlich spielen dabei harte Faktoren (Wirtschaftskraft, Infrastruktur, leistbares Wohnen u.a.) eine wichtige Rolle. Um jedoch Begehrlichkeiten zu wecken, braucht man bedeutungsvolle Bilder und Narrative, die man nach außen (und innen) sendet.
In unserer Ökonomie der Aufmerksamkeit dreht sich alles um die ästhetische Differenzierung, wir befinden uns im Wettbewerb der Symbole – diese werden vorwiegend von Kreativen produziert. „Die Ökonomie der Singularitäten ist eine performative Ökonomie, mit Gütern als anziehenden Aufführungen vor einem Publikum“, so der Soziologe Andreas Reckwitz.
Das kulturelle Kapital wird somit zu einem hochwertigen Standortfaktor. Kulturelle Codes sind wie nie zuvor tief verankert in Gesellschaft und Wirtschaft – Produzenten wie Konsumenten messen einander am jeweiligen Symbolwert. Wer die richtigen Zeichen setzt, lenkt den Markt. Dabei geht es um Abweichung, das wusste schon Apple: „Think different!“… und hier kommt das kulturelle Kapital ins Spiel.
Denn das Neue ist immer ein „ästhetisches Ereignis“(Andreas Reckwitz), ein Kultur-Produkt. Kulturschaffende und Künstler sind die Träger neuer Informationen – Kunst zeigt das, was (noch) nicht da ist. Sich mit der Kreativ-Szene zu verbünden, ist für Unternehmen wie Standorte somit eine strategische Aufgabe, die weit über das Branding hinausgeht. Man verbündet sich mit der Innovationskraft, die auf alle ausstrahlen kann und zu neuen Formaten und Produkten führt.
Kreativität ist nicht nur die wertvollste Ressource des Menschen, sie wird in einer hypervisualisierten Gesellschaft zur Trägerrakete für die Marke. Die Sehnsucht nach kultureller Aufladung (= Bedeutung) verändert die Selbstdarstellung von Menschen, Unternehmen, Standorten. Insbesondere die Millennials mit ihrem Hauptwohnsitz Instagram treiben die visuelle Produktion („Pics or it didn’t happen“) voran. Doch ist die ästhetische Konditionierung längst Teil eines Mindsets breiter Konsum-Milieus. Erlebnisse – und mehr noch: Erfahrungen – sind ja das Mantra einer Gesellschaft, die sich immer stärker vom Haben zum Erleben und vom Erleben zum Erfahren entwickelt.
Diese Entwicklung hat massive Auswirkungen auf das Ökosystem Stadt, auf die Stadt-Kultur und deren Außendarstellung. Es braucht eine neue Komplizenschaft zwischen den urbanen Akteuren, die Wirtschaft und Wissenschaft, Politik und Bürgergesellschaft neu verzahnt – der Kultur kommt dabei eine treibende, weil innovierende Kraft zu. Kultur wirkt nach
Innen: Identifikation, Lebens- und Freizeitqualität, Offenheit (Inklusion), lebendige Stadt-Gesellschaft, Freiräume…
Nicht zufällig machte in den Nuller-Jahren das Konzept der „Creative City“ von Richard Florida die Runde durch die Köpfe der Stadtpolitiker. Mit einer Blaupause wurde damals am Image der europäischen Stadt gefeilt, die Hinterhöfe wurden vermessen, Kreativ-Fabriken und Signature Landmarks etc. von „Star“-Architekten aus dem Boden gestampft („Bilbao-Effekt“). Nicht überall hat es funktioniert, ein futuristisches Konzerthaus allein macht noch keine Creative City. Ein solches Narrativ will strategisch gepflegt, in Netzwerken entwickelt und an den zentralen Touchpoints gelebt werden. Vor allem: es muss die DNA der Stadt wiederspiegeln. Städte, die hier eine klare Transformations-Strategie für den Standort erarbeitet hatten, schafften auch schwierige Übergangs-Phasen, etwa Glasgow.
Es sind gerade die postindustriellen Standorte, die sich über kreative Szenen häuten und neu für die Zukunft erfinden, ob Glasgow oder das Ruhrgebiet, ob Offenbach oder Linz. Es ist immer dasselbe Muster: ausgehend von einem kleinen Nukleus (oft auch Spin Offs von Hochschulen und anderen Kreativ-Institutionen), entwickelt sich – in Co-Kreation der relevanten Akteure der Stadt – ein neues Narrativ. Aus der Asche der Industrie-Ruinen entsteht ein neuer virtueller Phoenix.
Das oberösterreichische Linz beispielsweise hat sich von einer unattraktiven Industrie-Stadt zur pulsierenden Kreativ-Stadt entwickelt, mit Schwerpunkt Neue Medien (UNESCO City of Media Arts). Dass die Ernennung zur Kulturhauptstadt Europas 2009 mit ein Anschub gewesen ist, steht außer Frage. Das Hauptverdienst aber haben die diversen Akteure der Stadt, die sich – angedockt an einen ambitionierten Masterplan – einer klaren Marken-Entwicklung verschrieben haben. Nur so entsteht ein neues Selbstbild, das in kreativen Formaten wie Höhenrausch (begehbare Dachlandschaften mit Kunst-Installationen) und mit vernetztem Denken (Open Commons) in die Zukunft fortgeschrieben wird. Das bescheidene Narrativ der Stadt: „Linz verändert“.
Dieser Beitrag beruht auf einer Keynote, die Andreas Reiter vor kurzem in Lübeck-Travemünde hielt, wo sich in einer ehemaligen Bootswerft Stadt-Politiker, Stadtmarketer und rund 200 Kulturleute einen Tag lang mit dem strategischen Thema Stadt und Kultur befassten.
Städte liegen in einem massiven Standort-Wettbewerb um Talente, Besucher und Investoren. Natürlich spielen dabei harte Faktoren (Wirtschaftskraft, Infrastruktur, leistbares Wohnen u.a.) eine wichtige Rolle. Um jedoch Begehrlichkeiten zu wecken, braucht man bedeutungsvolle Bilder und Narrative, die man nach außen (und innen) sendet.
In unserer Ökonomie der Aufmerksamkeit dreht sich alles um die ästhetische Differenzierung, wir befinden uns im Wettbewerb der Symbole – diese werden vorwiegend von Kreativen produziert. „Die Ökonomie der Singularitäten ist eine performative Ökonomie, mit Gütern als anziehenden Aufführungen vor einem Publikum“, so der Soziologe Andreas Reckwitz.
Denn das Neue ist immer ein „ästhetisches Ereignis“ (Andreas Reckwitz), ein Kultur-Produkt. Kulturschaffende und Künstler sind die Träger neuer Informationen – Kunst zeigt das, was (noch) nicht da ist. Sich mit der Kreativ-Szene zu verbünden, ist für Unternehmen wie Standorte somit eine strategische Aufgabe, die weit über das Branding hinausgeht. Man verbündet sich mit der Innovationskraft, die auf alle ausstrahlen kann und zu neuen Formaten und Produkten führt.
Diese Entwicklung hat massive Auswirkungen auf das Ökosystem Stadt, auf die Stadt-Kultur und deren Außendarstellung. Es braucht eine neue Komplizenschaft zwischen den urbanen Akteuren, die Wirtschaft und Wissenschaft, Politik und Bürgergesellschaft neu verzahnt – der Kultur kommt dabei eine treibende, weil innovierende Kraft zu. Kultur wirkt nach
Es sind gerade die postindustriellen Standorte, die sich über kreative Szenen häuten und neu für die Zukunft erfinden, ob Glasgow oder das Ruhrgebiet, ob Offenbach oder Linz. Es ist immer dasselbe Muster: ausgehend von einem kleinen Nukleus (oft auch Spin Offs von Hochschulen und anderen Kreativ-Institutionen), entwickelt sich – in Co-Kreation der relevanten Akteure der Stadt – ein neues Narrativ. Aus der Asche der Industrie-Ruinen entsteht ein neuer virtueller Phoenix.
Foto-Credit Foto links: Kulturtreibhaus/ Hansestadt Lübeck
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